| Pat geht’s noch immer nicht besser. Wir finden eine Pension, eigentlich ein Hotel, das im Winter als Skihütte dient. Der Skilift mit Flutlichtanlage ist allerdings nur knapp 300 m lang. Die drei Damen an der Rezeption sahen nur Arbeit auf sich zu kommen, und verschanzten sich fluchtartig hinter der Bar, wichtig aussehenden Geschäftsjournalen und dem Telefon. Nur die Jüngste fasste sich ein Herz als ich sie fragte ob jemand englisch spräche. Ein ganz klein wenig, meinte sie, allerdings stiessen alle ihre Übersetzungen ins ungarische immer wieder auf die gleichen ablehnenden Gesichter und Antworten. Was mich animierte um so hartnäckiger nach zu fassen, als plötzlich ein junger Mann eines ungarischen Filmteams neben mir stand und seine Hilfe anerbot. Er fragte die Damen das Gleiche noch einmal und wandte sich dann an mich und sagte: die drei können nicht helfen, aber er kenne den Nachbarn und der werde bestimmt helfen. Wir gehen zum Nachbarn und dieser nimmt die Sache auch gleich in die Hand, erklärt sein Bruder wohne gegenüber und habe ein Pferd. Dort würden wir alles bekommen. Also nichts wie rüber und eine halbe Stunde später waren die Pferde abgesattelt, unter Apfelbäumen eingezäunt, getränkt und mit Heu und Weizenkleie und Hafer versorgt. Die Versuche uns mit dem Nachbarn zu unterhalten, scheitern kläglich, da mir das ungarisch nun gar nicht liegt, vor allem weil er es auch noch in Zeichensprache ausdrücken will. Der freundliche Helfer verschwindet auch und wir sind dem Ungarn überlassen, der uns offensichtlich zu erklären versucht, dass er sein Haus zu einer Pension umbauen will. Zwei angebaute Zimmer ohne Fundament und Boden, Fliessen für die Wände und einen Duschschlauch hat er bereits. Auch weiss er dass bei ihm das Zimmer 15 Lei billiger sein wird als in der Pension. Bis er uns dann das unvollständige Gebäude zeigte, gingen wir davon aus, dass er uns zu sich nach Hause eingeladen hatte. Wir gingen also wider hinüber zur Pension, reservierten ein Zimmer und wollten Abendessen bestellen, bei dem englisch sprechenden Mädchen, sie hatte allerdings offensichtlich Anweisung meine ID bzw. das Geld für die Übernachtung zu bekommen. Ich erklärte ihr, dass ich nach dem Abendessen bezahlen würde, und dass ich keine ID dabei hätte, aber ihr gerne meine Adresse aufschreiben würde. Sie kam dann auch nach einer Weile mit einem Zettel, auf dem ich ihr meine Schweizer Adresse aufschrieb. Das Essen war den Darmproblemen angepasst und wir unterhielten uns glänzend mit dem Bruder des Pferdegastgebers. Während des Essens fuhren die Pferdefuhrwerke an uns vorbei. Eines setzte zum Überholen eines langsameren Fuhrwerkes an, wohlgemerkt beide trabten mit einer 3 m hohen Ladung Heu auf der Pritsche, als der Schnellere bemerkte, dass ihm ein Auto entgegen kommt. Kurzerhand bringt er sein Pferd in den Galopp und schert kurz vor dem Auto wieder ein. Filmreif. Das Zimmer oberhalb des mit mächtigen Eichenstämmen getragenen Esssaales der Skiliftstation war komfortabel ausgestattet mit schönem Bad und Betten aus 15 cm starken Eichenholz, einem TV Gerät mit 10 Kanälen auf denen überall kein Empfang war und kein warmes Wasser in der Dusche.. Um 0:35 bimmelte plötzlich die Alarmanlage im Flur. Alle Bewohner der Etage trafen sich auf dem Flur. Aber keiner wusste Rat, also drückte ich so lange auf der Alarmanlagentastatur rum, bis das Ding endlich Ruhe gab. Ob es an meinem Gedrücke lag, oder ob dem Ding von selber die Puste ausging, vermag ich nicht zu sagen, aber schön war es allemal als wieder Ruhe einkehrte. In der Frühe ist unser Gastgeber schon auf als wir die Pferde versorgen, er hatte ihnen schon frisches Wasser reingestellt. Wir satteln auf und gehen zum Frühstück in die Pension, aber Pat hat heute noch grössere Darmprobleme als Tags zuvor und trinkt nur eine Tasse Milch in der sie bittere Schokolade und Honig auflöst. Wir folgen dem Tal, die Höhenzüge sind teilweise bewirtschaftet, der Rest bewaldet, und treffen auf eine Gruppe ungarischer Mountainbiker, die gerade frühstücken. Sie machen eine 14 tägige Karpatenrundtour und sind richtig begeistert von unserem Abenteuer. Wir tauschen Adressen und Pat erhält Medizin für ihren Darm. Der Weg führt über einen Pass in 1000 m Höhe und oben treffen wir auf ein Forstteam beim Schleppen von Bäumen mit einer schweren Zugmaschine. Wir kommen ins Tal und treffen auf den vermutlich längsten Holzzaun der Welt. Rechts und links von der geschotterten Strasse, auf der LKWs das Holz der hier angesiedelten Holzindustrie (jeder kleine Hof hat seine eigene spezielle Produktion) ins Tal befördern, ist ein Holzzaun errichtet, der sich nahtlos von Grundstück zu Grundstück fortsetzt. Kein qm Gras ist ausgespart und wir reiten und traben 3 Stunden lang, zwischen den beiden verstaubten Zäunen und suchen nach einem Loch im Zaun, wo die Pferde was Grünes finden. Irgendwann ist dann der Bachlauf direkt an der Strasse und auf der anderen Uferseite gibt es 10 qm bereits einmal abgeweidetes Gras. Wir furten und setzen uns in den Schatten einer Trauerweide als uns ein älterer Herr auf Rumänisch anspricht und nach dem woher und wohin fragt. Wir können wenigstens auf die Standartfragen mit Standartsätzen antworten. Er verschwindet und kehrt dann mit Stiefeln an den Füssen, einer Flasche kaltes Brunnenwasser und zwei Stücken Gebäck zurück, die er uns offeriert. Wir nehmen dankend an und er fragt nach der fehlenden Kandare, und wir erklären, dass wir diese nicht bräuchten. Das Gebäck schmeckt wie Berliner ohne Marmelade und ohne Puderzucker und ist fladenförmig. Es schmeckt sehr gut. Wir traben hinter einem Heufuhrwerk her, Flash nimmt sich immer wieder ein Maul voll Heu und kaut es genüsslich. Endlich kommen wir ans Ende des Tales und Pat ist ziemlich geschlaucht. Wir trinken was und fragen nach Kraftfutter für die Pferde. Ein Bauer mit seinem Gespann bietet uns an zu einem Händler zu führen, wir finden ihn und ich frage die Frau nach Hafer oder Mais. Sie nickt jedes Mal begeistert, und führt mich zu ihrem Lager, dort stapeln sich einige Säcke und sie wiegt 2x3 kg Mais ab. Als ich. sie nach Hafer frage, hat sie plötzlich keinen mehr und öffnet einen der anderen Säcke. Es ist Gerste. Auch gut. Wir füllen 2x2 kg ab und der Bauer nimmt einen der beiden Säcke. Beim Fuhrwerk angekommen möchte der Junge, auf Flash reiten, also setze ich mich auf das Brett, das vorne über den Pritschenwagen gelegt ist, und Pat klettert hinten in den Wagen, um Pach hinter her laufen zu lassen. Und so geht’s dann im Trab die geteerte Strasse hinauf. Der Bauer anerbietet, dass wir bei ihm schlafen können. Ich frage zurück, ob er nicht zuerst seine Frau fragen müsse, und er lacht und erklärt, dass das Mädchen, dass ich für seine Tochter gehalten habe, seine Frau sei, und sie sehr einverstanden sei. Wir nehmen gerne an. Wir machen Halt an einem kleinen Hof mit zwei Gebäuden direkt neben der Strasse und versorgen dort die Pferde. Später queren wir die Strasse und klettern den Weg, einen kleinen Hang hinauf. Hier oben steht sein Häuschen, knutscheblau gestrichen. Wir bekommen Salami und Spiegeleier serviert und nach dem Essen gehen die Männer in die Kneipe Bier zu trinken, denn während dem Essen gab es nichts, während die Frauen (ex Pat) verschwinden um das Geschirr zu machen, die Kinder zu Versorgen und selber eine Kleinigkeit zu essen und die Kühe zu versorgen, deren Ankunft ohne Begleitung, der Frau vom zur Kneipe eilenden Ehemann per Handy mitgeteilt wurde. In der Kneipe wirtet eine Damen, die zwar in der Schule Russisch gelernt hat, aber jetzt Englisch spricht, weil die Spielfilme alle in Englisch mit rumänischen Untertiteln gesendet werden. Die Wände der Kneipe sind geschmückt mit Bildern aus Kanada, Hawaii und Australien. Mit Hilfe der Wirtin kann Julian endlich all die Fragen nach was die Pferde kosten, woher wir die Beschläge haben, warum wir in Rumänien reisen und warum unsere Pferde keine Trensen hätten, beantwortet bekommen. Auch erfahre ich, dass der Junge, eigentlich der Sohn des Bruders ist, nach der 10.ten Klasse die Schule geschmissen hat und ausser seiner Liebe für Tiere keine Interessen hat. Als ich vorschlage, er könne uns doch mit dem Pritschenwagen begleiten, lehnt die ganze Gesellschaft einstimmig ab. Sein Vater sei bestimmt dagegen. Ich entziehe mich der gemütlichen Runde, indem ich erkläre ich müsse die gekaufte Cola meiner Begleiterin bringen und alle wünschen mir guten Weg. Bun Drum. Das Wohnzimmer wird für uns frei geräumt und Julian lässt es sich nicht nehmen, uns trotz meiner Einwände alle Kanäle seines TV Gerätes vor zu führen. Es ist offensichtlich sein ganzer Stolz. Wir schlafen auf der Couch und auf dem Boden des Wohnzimmers. |
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AuthorText: Peter van der Gugten Archives
September 2009
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