| Den Pferden hatte die Pause gut getan. Uns auch nicht minder. Wir können heute das ganze Tal hochreiten. Die beiden laufen in zügigem Schritt und freuen sich mal wieder Reitpferd und nicht Saumtier zu sein. Die Gegend ähnelt dem Wallis in der Schweiz. Wir kommen hoch zum Refugio und ich frage den Wirt nach der einfachsten Route nach Andorra. Man hatte mir erzählt, dass es einen Viehtrieb weg gäbe. Die Antwort war ernüchternd. Leicht ist keiner. Einer ist unmöglich und der andere für Pferde nicht machbar. Aber wenn es geht soll, dann nur dort. Na Super. Jetzt haben wir richtiges Schlamassel, denn über den Pass müssen wir, oder wir kommen nie an in Argeles. Ok, mal sehen. Wir reiten weiter bergwärts und müssen bald führen, denn der Forstweg hört auf und ein schöner Wanderweg beginnt. Über plateauartig angelegte Weiden geht es immer höher hinauf und irgend-wann auf dem Weg treffen wir auf einen Hirten, der allerdings nur Catalan spricht, und von Pat nicht verstanden wird. Das einzige was wir verstehen und auch erklären ist, wo wir hin wollen. Und ein Teil seiner Antwort verstehe sogar ich. Sein sich ständig wiederholendes ,impossibile….. Wir aber haben keine Alternative, denn Richtungs-wechsel bedeutet etwa 2-3 Tage in die falsche Richtung zu gehen…. Und unser Urlaub ist am Freitag zu Ende. Mit mulmigem Gefühl gehen wir weiter. Aber wie schon davor, ist die Gegend wunderschön und der Weg eigentlich leicht zu machen. Die Pferde sind fit und eifrig dabei und so gelangen wir an die letzte Schutzhütte, vor dem „Impossibile“. Wir schauen den so an, und denken uns, so schlimm kann es ja gar nicht sein… der schaut ja recht harmlos aus, und wenn’s nicht klappt nehmen wir den anderen, den Unmöglichen, weil auch der sieht machbar aus, zumindest von dieser Seite. Wir gönnen uns und den Pferden eine zusätzliche Rast, nehmen ein paar Müsliriegel zu uns und reiten durch den Gebirgssee zum anderen Ufer. Dort hängen wir die Zügel aufs Horn und lassen die Pferde den steilen Wiesenhang hochgehen. Sie suchen sich frei ihren Weg, während wir am Schweif hängend, folgen. Die beiden, Domingo voran, folgen ihrer Nase und umrunden Felskuppen und steile Stellen und suchen sich ihren Weg hinauf. Auf einem kleinen Sattel machen wir halt und ich schaue mir die Sache weiter oben etwas genauer an. Pat schickt die Pferde hoch und die beiden klettern, Pat im Schlepptau, zu mir hinauf. Dort wo ich meinte, die Passhöhe sei erreicht, tut sich eine weitere Senke auf, die auf einen noch höher gelegenen Punkt zuführt. Die ganze Senke ist angefüllt mit Felsgeröll und die Pferde suchen sich wieder den Weg über die flachsten Partien, im ausgetrockneten Bachbett. Sie klettern durch die immer heftiger werdenden Geröllfelder hoch zum Pass und bis jetzt geht alles recht gut. Geschafft, wir sind oben. Auf der anderen Seite sehen wir nicht sehr viel, nur dass es die ersten 10-15 m sehr steil runter geht, allerdings auch diesmal wieder im Geröll und Sand. Ich nehme den Zügel lang und führe Flash hinunter, der auf den Arschbacken hockend, mit den Vorderfüssen läuft und hinten rutschend folgt. Kein Problem für die alten Hasen. Wir steigen weiter ab und stehen vor dem Grund, warum seit 40 Jahren kein Vieh mehr über den Pass gekommen ist. Eine riesige Gerölllawine hat den gesamten Abhang verschlossen und liegt jetzt zwischen Gletschersee und Gletscher eingeklemmt und versperrt auch uns den Weg. Anfangs geht es noch ganz gut, ....das Geröll ist ziemlich fest und noch nicht zu gross, aber je weiter wir in die Lawine hinein kommen, desto mehr Mühe haben die Pferde einen Weg zu finden. 20 m haben wir schon geschafft, es sind noch 5 m, die haben es aber in sich, denn hier sind die Felsbrocken 50 cm bis 1 m gross und die Pferde haben mehr Löcher um sich, in die sie hineinstürzen könnten, als Felsplatten auf denen sie stehen können. Und wir machen einen Fehler. Anstelle Flash voraus zu lassen, führt Pat an der entscheidenden Stelle Domingo als ersten hinunter und da sie selber höllisch Muffensausen hat, verweigert Domingo den Weg und bleibt einfach stehen. Er sagt sich, das war es, hier geht’s nicht weiter, ich gehe heim. Flash steht hinter mir auf drei Felsplatten und wartet geduldig wie es weitergeht. Auch er ist der Meinung, dass das Gras auf der anderen Seite nicht unbedingt besser schmecken müsse…. Und ich komme mit Flash nicht an Domingo vorbei, denn der steht am einzig möglichen Übergangspunkt, auf die andere Seite. Wir beraten, was zu tun sei, ziehen in Erwägung die Pferde schwimmen zu lassen…. Keine Chance Flash schwimmt nicht…. Oder ober den Gletscher zu gehen, aber Pat befürchtet die Pferde können einbrechen…..Während einer halben Stunde versuchen wir immer wieder Domingo zum weiter gehen zu ermutigen, aber anstelle vorwärts zu gehen, versucht er rückwärts die Felsplatten wieder hoch zu klettern. Ich weiss keinen Rat mehr und entscheid, einen letzten Versuch zu wagen, Flash über eine noch heiklere Stelle an Domingo vorbei zu bekommen und so die Blockade zu durchbrechen. Flash folgt mir willig über die ersten Felsen und entscheidet sich dann auf den Gletscher zu springen und den Gletscher hoch zu laufen. Mich frag ja keiner um Erlaubnis. Zum Glück habe ich ihn am langen Zügel, so dass er sich frei bewegen kann und er schafft es, ohne einzubrechen auf die andere Seite hoch. Ich schicke Pat hinterher, drücke ihr die Zügel in die Hand und nehme die von Domingo an mich. Sie verschwindet mit Flash hinter der nächsten Kuppe und Domingo wird es nun langsam mulmig, denn jetzt möchte er doch nicht alleine hierbleiben. Mehrfach versuche ich ihn auf den nächsten Felsblock zu lotsen aber er verweigert. Endlich nach einer gefühlten Ewigkeit entscheidet er sich doch weiter zu gehen, und steigt in einem 30 Grad Winkel zur perfekten Linie den Fels hinunter. Nur nicht dort hin, wo ich wollte. Aber er schaffte es, auf die Stelle zu kommen, auf der auch Flash gestanden ist, vor seinem Sprung auf den Gletscher, und dort geht er einfach weiter, über die Felsen drüber, wie ursprünglich geplant und kommt wohlbehalten auf der anderen Seite an. Pat wartet etwa 100 m weiter vorne, und stellt dann mit Entsetzen fest, dass wir den letzten Beschlag auch noch verloren haben. Jetzt gibt es keinen Ersatz mehr, die müssen einfach halten, bis wir ankommen. Wir nageln den letzten noch verbleibenden Duplo auf und hoffen, dass er halten wird. Wir stossen auf Schafe - ich hatte auf Kühe gehofft, da sind die Wege einfacher und beobachte andere Wanderer, wie sie den Wanderweg hinunter bewältigen. Da scheinen noch einige Probleme auf uns zu warten, denn die beiden brauchen an einigen Passagen ganz schön viel Zeit. Etwa ein Drittel den Weg dem Berghang entlang hinunter stossen wir auf das erste Hindernis. Eine etwa 5 m lange nur handbreite Felskante im Fels, über die die Pferde müssen. Alternativen gibt’s nicht, und es geht etwa 10 m runter in eine kleine Schlucht. Adrenalin pur, aber nur für uns. Wir wissen, die Pferde können das, nur wir haben mal wieder Schiss. Nur nichts anmerken lassen. Wir lassen die Pferde etwas grasen, ich schaue mir die Sache an und führe dann Flash am langen Zügel über die Kante hinweg. Domingo folgt Flash frei und Pat schaut einfach in die andere Richtung, dann kommt auch sie rüber. Wir atmen durch und führen die Pferde weiter den nur 10 cm breiten Schafpfad entlang hinunter Richtung Tal. Kaum 10 Min. später stehen wir wieder und ich klettere weiter, um zu sehen, wo der Weg weitergeht. Aber er geht eigentlich nicht weiter, sondern hört an einer Felskante auf, die drei Meter breit von Wasser überspült wird. Der Fels ist etwa 5 m hoch und der Weg geht unterhalb des Wassers in die andere Richtung weiter. Na Super. Jetzt nur nicht wieder lange zögern… ich schnapp mir Flash, nehme den Zügel in die Hand und klettere die Hälfte des Felsen hinunter, ihn ermunternd mir zu folgen. Er steht oben, schaut sich die Sache an und … setzt seinen Fuss auf die erste etwa 30 cm tiefer liegende Rinne, zögert eine Sekunde und klettert dann den Fels hinunter, als ob er das schon 1000 mal geübt hätte. Domingo folgt ihm nur Sekunden später und wir atmen erst mal tief durch. Ab jetzt ist der Weg relativ einfach und wir kommen zu einer Schutzhütte, wo einige Spanier am Picknicken sind. Wir sind so erleichtert es geschafft zu haben… wir müssen die Freude mit ihnen teilen… auch wenn sie die „Locos“ nicht verstehen. Wir sind unten, heil und ganz, mit ein paar Kratzern haben wir den schlimmsten Übergang, den wir je gemacht haben, bewältigt. Wir sind uns gewiss, sowas brauchen wir nicht noch einmal. Wir führen die Pferde die steile Strasse nach Arinsal in Andorra hinunter. An der Sunbar fragen wir, ob wir die Pferde hinter dem Haus grasen lassen dürfen und der Wirt willigt ein. Wir bekommen Wasser für die Pferde, Strom fürs Handy und 600 gr Steaks aus Argentinien für die Mägen. Todmüde fallen wir an diesem Abend auf unsere Schlafmatten. |
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August 2010
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